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Die Dubliner Erklärung


Europäische Föderation nationaler Sprachinstitutionen (EFNIL)

7. Jahrestagung 4.-6. November 2009


Die Dubliner Erklärung

zum Verhältnis zwischen offiziellen Sprachen und Regional- und Minderheitssprachen in Europa


1.      Aufgrund der unterschiedlichen historischen, sozialen und politischen Bedingungen variieren die sprachlichen Gegebenheiten in Europa erheblich. Die Mitglieder von EFNIL sind als nationale oder zentrale Einrichtungen der Mitgliedsstaaten der EU damit befasst, die offiziellen Standardsprachen ihrer Länder durch Sprachforschung, -planung, -dokumentation und –politik zu fördern. Sie haben zudem die  Aufgabe, die Entwicklung von Sprachgebrauch und sprachlicher Vielfalt in ihren Ländern genau zu beobachten.

2.      Begriffe wie ‚Minderheitssprache‘ und ‚Regionalsprache‘ haben gewöhnlich ideologische Konnotationen wie auch ‚Nationalsprache‘, ‚offizielle Sprache‘ und viele andere (z.B. indigene, autochthone, ethnische, weniger-gebrauchte, ko-offizielle, dominante, nicht-territoriale Sprache, Dialekt), mit denen der Status oder die Bedingungen einer Sprache benannt werden. Der Gebrauch dieser vielen Begriffe ist an sich schon kennzeichnend dafür, dass die Beziehungen zwischen Sprachen und zwischen Sprache und Gesellschaft sehr komplex sind. EFNIL möchte dazu beitragen, das Bewusstsein für den Gebrauch solcher Begriffe zu schärfen und Sorgfalt bei ihrem Gebrauch in offiziellen Dokumenten und sprachpolitischen Maßnahmen zu fördern.

3.      EFNIL betrachtet alle Sprachen als gleich in ihrem kulturellen Wert, und dies schließt selbstverständlich Minderheitssprachen ein. Im Hinblick auf das Recht auf Zugang zu Bildung und sprachlicher Erziehung macht EFNIL keinen Unterschied zwischen autochthonen Sprachen, Migranten- und Minderheitssprachen. Deshalb plädiert EFNIL dafür, so viele Sprachen wie möglich in die Unterrichtpläne der Schulen aufzunehmen, und appelliert an die staatlichen Behörden, für die Aufnahme von Minderheits- und Migrantensprachen in die Unterrichtspläne initiativ zu werden und/oder – wo immer möglich - Gelegenheiten für eine Erziehung in diesen Sprachen zu bieten.

4.      Sprachgruppen außerhalb ihrer sprachverwandten Staaten oder ohne einen solchen Staat sollten die Sicherheit haben (etwa durch bilaterale Abkommen für Gruppen mit sprachverwandten Staaten oder durch angemessene gesetzliche Regelungen für andere Gruppen), dass das Land, dessen Bürger sie sind, sprachliche Rechte respektiert und schätzt. Dies kann auch zur Verbesserung von internationalen Beziehungen, Austausch und Handel beitragen.

5.      Von Bürgerinnen und Bürgern wird typischerweise erwartet, dass sie eine bestimmte Sprache beherrschen (gewöhnlich als ‚nationale‘ oder ‚offizielle‘ Sprache bezeichnet). Bewerberinnen und Bewerber um eine entsprechende Staatsbürgerschaft müssen ihre Kenntnis dieser Sprache nachweisen. In einigen Ländern betrifft dieses Erfordernis eine von mehreren offiziellen Sprachen. Dies sollte jedoch nicht bedeuten, dass die anderen autochthonen Sprachen, die zu diesem Land gehören und Teile seines kulturellen Erbes sind, gering geschätzt werden. Der rasche Rückgang von Sprecherinnen und Sprechern dieser Sprachen in der letzten Zeit stimmt sehr bedenklich. EFNIL mahnt staatliche Behörden und die Allgemeinheit, die kognitiven, gesellschaftlichen sowie die politischen und wirtschaftlichen Vorteile von Zwei- oder Mehrsprachigkeit der gesamten Bevölkerung zu erkennen.

6.      Die komplizierte sprachliche Realität in den meisten europäischen Ländern ist nicht immer sichtbar, weil es an zuverlässigen neuen Statistiken fehlt. Da sie die Bedingungen gesellschaftlicher Vielfalt in Europa und die Notwendigkeit sozialen Zusammenhalts anerkennt, ist EFNIL entschlossen, die Mehrsprachigkeit der Bevölkerung zu fördern und mit anderen europäischen Organisationen zusammenzuarbeiten, um zuverlässige Daten und gute Beispiele in diesem Bereich zu ermitteln und zu verbreiten.

 

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