EFNIL-Workshop Übersetzung: Protokoll
EFNIL-WORKSHOP ÜBERSETZUNG: PROTOKOLL
Der Workshop Übersetzung fand am Dienstag, den 9. November, in Form eines Rundtischgesprächs statt.
Teilnehmer des Rundtischgesprächs:
- Daniel GOUADEC, Prof. an der Universität Rennes II;
- Marie Mériaud, Direktorin des Institut Supérieur de Traduction et d'Interprétation (ISIT) der katholischen
Fakultät von Paris;
- Giulana ZEULI, Direktorin des Tyrone Guthrie Centre (ITIA, Irish Translators and Interpreters Association)
von Dublin;
- Dieter Rummel, Übersetzer, Übersetzungszentrum für die Einrichtungen der Europäischen Union,
Luxemburg;
- Moderator: Pierre Janin, Referent in der Délégation générale à la langue française et aux langues de France,
Ministerium für Kultur und Kommunikation, Paris.
Ziel des Workshops war es, die Übersetzung als eines der Instrumente zu erörtern, die für den Aufbau eines
mehrsprachigen Europas unerlässlich sind. Die Teilnehmer versuchten, eine Bestandsaufnahme der
Übersetzungstätigkeit in Europa vorzunehmen.
Die Mehrsprachigkeit in Europa stellt eine Neuheit dar, deren Bedeutung man sich bewusst sein muss. Jedes
Land verfügt über eigene Instrumente für die Erhaltung und Bereicherung unserer Sprachen. Es bedarf noch
einer Kooperation bei der Übersetzung zwischen diesen Sprachen, bei diesen terminologischen Korpora sowie
bei der Hochschulausbildung in diesen Berufen, auch wenn sie langsam Gestalt annimmt. Ferner müssen die
nationalen Verwaltungen, die traditionell einsprachig sind, der Mobilität der Menschen und Dienstleistungen
Rechnung tragen, die viel häufiger als noch vor kurzem Übersetzungen erforderlich macht.
Prof. Gouadec legt dar, wie dringend über den Status des Übersetzers und die Übersetzungsberufe nachgedacht
werden muss.
Die Übersetzungsberufe entwickeln sich erheblich weiter und diversifizieren sich: zum Beispiel Übertitler im
Theater, Vorübersetzer (die die zu übersetzenden Texte vorbereiten), Verwaltung der Übersetzungsbedürfnisse
eines Unternehmens usw..
Dies erfolgt in einem Kontext der Industrialisierung. Übersetzungen werden zunehmend wie andere Produkte
behandelt, das heißt sie sind segmentiert und unterliegen bestimmten Normen und Standards. Die EDVInstrumente
(Glossare, Datenbanken, Textexplorer …) helfen dem Übersetzer, werden ihn aber nie ersetzen
können.
Mehr als andere Berufe sind die Übersetzer aufgrund ihres Status der wilden Konkurrenz der Globalisierung
ausgesetzt. Europa könnte über Lösungen wie in Kanada nachdenken, wo der Staat als eine Art nationale
"Übersetzungsagentur" fungiert. Denn die Wertschöpfung aus den Übersetzungstätigkeiten stellt einen
bedeutenden wirtschaftlichen Faktor dar.
Die neuen Technologien brachten der Übersetzung Instrumente (Terminologieverzeichnisse), die deren Effizienz
und Qualität verbessern. Im Übrigen bieten Foren von Übersetzern eine interessante gemeinsame Antwort auf
deren Isolierung.
Marie Mériaud präsentiert den Master in Sprachmanagement, den ihre Schule, die ISIT, gemeinsam mit sieben
anderen europäischen Universitäten 2004 einführte. Die Übersetzungsberufe entwickeln sich weiter, da die
Unternehmen Querschnittskompetenzen und Sprachkenntnisse, vor allem aber auch kulturelle Kompetenzen
benötigen. Die Ausbildung lehrt somit, wie jede Tätigkeit, bei der in einem Unternehmen
Fremdsprachenkenntnisse erforderlich sind, zu verwalten, planen und organisieren ist. Mithin lernen die
angehenden Übersetzer hauptsächlich, wie eine Nachricht von einer Kultur in eine andere übertragen wird, was
eine bestmögliche Kenntnis der betreffenden nationalen Kulturen und der Kulturen der Unternehmen in den
jeweiligen Ländern voraussetzt.
Guiliana Zeuli präsentiert das Netz der Übersetzerkollegien. Dieses vor zwanzig Jahren eingerichtete und rein
gemeinnützige Netz umfasst in der Regel ein Kollegium pro europäisches Land (zumindest in der Union der
Fünfzehn). In den meisten Fällen handelt es sich bei diesen Kollegien um Arbeits- und Beherbergungsstrukturen.
Sie bieten die Gelegenheit, Kolloquien oder Studienseminare für Übersetzer abzuhalten (beispielsweise die
Konferenz über die literarische Übersetzung von Arles), Begegnungen zwischen ihnen zu organisieren und ihnen
das Land der Sprache, mit der sie arbeiten, zu zeigen. Dieses weit verzweigte Netz könnte eine der Säulen einer
europäischen Übersetzungspolitik bilden.
Dieter Rummel vom Übersetzungszentrum für die Einrichtungen der Europäischen Union erläutert die
Besonderheit der Übersetzung in der europäischen Verwaltung mit ihren zwanzig Amtssprachen. Den
Übersetzern bietet sich oftmals die Gelegenheit, nach einigen Jahren Arbeit im Übersetzungszentrum in ein
anderes Ressort überzuwechseln, was von ihrer großen Anpassungsfähigkeit zeugt.
Die Übersetzung ist eine besondere linguistische Tätigkeit, die eine spezielle Technik erfordert, und dient
zugleich der Kommunikation zwischen den Kulturen, bei der ein ganzes Spektrum an verschiedenen Problemen
zu lösen ist. Mithin ist sie eng mit der Schaffung des europäischen Kultur- und Wirtschaftsraums verbunden. Für
Europa stellt sie mehr eine Chance denn ein Problem dar, vorausgesetzt, sie erhält einen Platz und einen Status,
die sie stärker vor der Globalisierung schützen.